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René Christen

Beitrag 59: Die Anziehungskraft von Atomwaffen wächst

Aktualisiert: 3. Juli

Dieser Beitrag ist die Fortsetzung von Beitrag 58.

Ausschnitt aus einem Presseinterview in der NZZ vom 20. Juni 2024 mit dem IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi:


Frage: «Der IAEA-Gouverneursrat, das höchste Gremium Ihrer Organisation, hat Iran kürzlich eine Rüge erteilt. Was wird das ändern?»

 Antwort: «Der Gouverneursrat repräsentiert die Mitgliedstaaten der IAEA, und so spiegelt die Rüge die Frustration in vielen Ländern über den Mangel an Resultaten. Diese Resolution ruft Teheran dringend dazu auf, besser zu kooperieren. Dasselbe wird nun schon seit Jahren gesagt, trotzdem sind wir immer noch am selben Punkt. Wenn nicht schlimmer: Iran hat inzwischen mehr Spaltmaterial und mehr technisches Know-how. Auch die Bemühungen, das Atomabkommen von 2015 mit Iran wiederzubeleben, sind gescheitert, begleitet von gegenseitigen Anschuldigungen … Irans Technologie hat seither Lichtjahre an Fortschritten gemacht. Die IAEA könnte im Fall Iran theoretisch den Uno-Sicherheitsrat einschalten, aber das würde nichts bringen, weil dort Russland alles blockieren kann. Exakt. Das ist eine der negativen Folgen der gegenwärtigen geopolitischen Spannungen und ein weiterer Rückschritt gegenüber früher. In der Vergangenheit konnte ich mich als IAEA-Generaldirektor stets auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner unter den Vetomächten des Sicherheitsrates verlassen und darauf, dass sie im Falle eines iranischen Fehlverhaltens als Einheit reagieren würden. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.»

 

Frage: «Werden wir gerade Zeuge, wie die ganze vertragliche Architektur der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen aus dem 20. Jahrhundert zusammenbricht?»

Antwort: «Das damals geschaffene Überwachungsregime ist wichtiger denn je. Aber die Anziehungskraft von Atomwaffen wächst. All die vertraglichen Verbote sind schön und gut, aber es gibt inzwischen mehr Staaten, die Atomwaffen wollen. Und jene, die die Bombe schon haben, bauen ihre Arsenale aus. Das schürt Zweifel und bringt manche Staaten zum Gedanken, dass sie sich vielleicht ebenfalls nuklear bewaffnen sollten.»



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